Im Gespräch mit Christian Greiser zu seinem neuen Buch „Wenn der Erfolg plötzlich Pause macht“
Stellen Sie sich doch bitte kurz unseren Lesern vor!
Christian Greiser: Ich bin Executive Coach und arbeite mit Entscheidern und Unternehmern auf der ganzen Welt. Zu meinen Kunden zählen auch Startups. Bei zwei dieser Startups bin ich auch als Investor aktiv. Bevor ich mich selbstständig gemacht habe, war ich 20 Jahre bei der Boston Consulting Group, zuletzt als Senior Partner und weltweiter Praxisgruppenleiter. Ich bin verheiratet, habe zwei erwachsene Kinder. Mit Meerbusch bei Düsseldorf und der griechischen Insel Korfu haben meine Frau und ich zwei Lebensmittelpunkte gefunden, zwischen denen wir pendeln.
Welches waren für Sie die größten Herausforderungen?
Christian Greiser: Bevor ich Berater bei BCG wurde, habe ich 8 Jahre als Ingenieur gearbeitet. Der Wechsel von der Industrie in eine Top-Beratung war eine riesige Herausforderung für mich. Die Welt bei BCG hat sich doppelt so schnell gedreht wie in meiner alten Firma, daran musste ich mich erstmal gewöhnen. Auch mein späterer Schritt zum BCG Partner war alles andere als leicht, denn ich musste damals lernen, wie man Geschäfte aufbaut. Rückblickend habe ich aber bei allen Herausforderungen viel gelernt.
Was hat Sie in Ihrer Jugend am meisten geprägt?
Christian Greiser: In meiner Jugend hat sich alles um Musik gedreht. Ich wollte sogar mal Profi-Schlagzeuger werden. Eines habe ich damals gelernt: Es ist ganz wichtig seiner Passion und seinem Traum zu folgen. Das setzt unglaubliche Energien frei. Es ist ein tolles Gefühl, wenn man einen Song, den man sich in seinem kleinen WG-Zimmer ausgedacht hat, später auf einem Open-Air-Festival vor 500 Leuten spielt und alle richtig mitgehen. Dieses Bild werde ich nie vergessen.
Wie sieht ein ganz normaler Arbeitstag von Christian Greiser aus?
Christian Greiser: Ich stehe gegen 5:30 Uhr auf und meditiere für 30 Minuten. Das mache ich seit über 15 Jahren so. Mediation gibt mir Kraft und Klarheit für den Tag. Danach mache ein Workout oder gehe Joggen. Wenn ich auf Korfu bin, mache ich gern eine Morgenrunde mit meinem Stand-Up-Paddle, am liebsten bei Sonnenaufgang. Unser Haus liegt direkt am Meer. Danach schreibe für zwei bis drei Stunden an einem Artikel oder einem Buch. Nach dem Frühstück stehen dann Coaching Sessions auf dem Programm. Mittags treffe ich mich häufig mit Kunden oder Freunden zum Lunch. Anschließend geht‘s weiter mit Coachings oder mit einem Workshop. Abends lese ich, um wieder runterzukommen. Um 22 Uhr ist das Licht aus. Schlaf ist mir wichtig.
Wie definieren Sie persönlich Erfolg?
Christian Greiser: Früher habe ich mich über meine Visitenkarte und meinen Kontostand definiert. Heute messe ich meinen persönlichen Erfolg eher an intrinsischen Motiven, z.B.: Was habe ich heute gelernt? Wenn habe ich heute kennengelernt? War ich heute glücklich? Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, dass beruflicher Erfolg allein nicht zu dauerhaftem Glück führt. Es ist eher umgekehrt. Wer glücklich ist, schafft damit auch die Vorrausetzung, um beruflich erfolgreich zu sein.
Sind wir vielleicht auch zu sehr darauf getrimmt, dass die Karriere immer nur steil bergauf geht?
Christian Greiser: Erfolg und ein schneller Aufstieg sind zum Sinnbild unserer Zeit geworden. Ich glaube das ist ein Problem, denn zu viel Erfolg berauscht, verführt und macht blind. Die Liste der Beispiele ist lang, von WeWork bis Wirecard. Misserfolge gehören aus meiner Sicht zu jeder guten Karriere dazu. Denn nur wer schon persönliche Niederlagen erlebt hat, kann aus seinen Fehlern lernen und damit persönlich wachsen.
Wo sehen Sie heute in der Bildung und Ausbildung Probleme für die Wirtschaft?
Christian Greiser: Ich glaube wir stehen zurzeit an einem wichtigen Wendepunkt. Die Gleichzeitigkeit von ökologischem, technologischem, gesellschaftlichem und geopolitischem Wandel hat es in dieser Form in der Geschichte bisher nicht gegeben. Wer in dieser Welt erfolgreich sein will, muss bereit sein immer wieder neu zu lernen. Aus meiner Sicht findet sich dieser Aspekt in der heutigen Bildung und Ausbildung noch nicht wieder. Wir brauchen schnellere Lernzyklen und neue Lernformate. Wir müssen bei Bildung und Ausbildung ganz neu denken und wir brauchen neue Karrieremodelle.
Wer ist die Zielgruppe für Ihr neues Buch „Wenn der Erfolg plötzlich Pause macht“?
Christian Greiser: Das Buch richtet sich an alle Menschen, die in ihrer Karriere an einem Wendepunkt stehen und spüren, dass sie einen persönlichen Entwicklungsschritt machen müssen. Das können Führungskräfte sein, die den Sprung an der Spitze geschafft haben, aber mental noch nicht richtig angekommen sind. Das können aber auch junge Führungskräfte sein, die zum ersten Mal Führungsverantwortung übernommen haben und dabei auch viel über sich selbst lernen. Und es können Gründer sein, die plötzlich Selbstzweifel haben und an ihre persönlichen Grenzen stoßen. Das Buch wird ihnen erste Antworten auf ihre Fragen geben.
Welchen Input bekommt der Leser in Ihrem neuen Buch?
Christian Greiser: Vor allem an den Wendepunkten einer Karriere, wenn der Erfolg plötzlich Pause macht, sind wir dazu gezwungen darüber nachzudenken, was wir wirklich über uns selbst wissen und wie wir uns verändern können und sollten. Mein Buch hilft auf diesem Weg und bietet mit Fallstudien, Übungen, Forschungsergebnissen und vielen persönlichen Erfahrungen eine Art Reparaturanleitung, um die eigene Karriere wieder zurück in die Spur zu bringen und persönlich zu wachsen.
Viele reden von der Work Life Balance, welcher Weg ist hier der beste?
Um ehrlich zu sein, mag ich den Begriff Work-Life-Balance nicht, denn er unterstellt eine starke Trennung zwischen Beruf und Leben. Der Beruf ist aber immer fester Bestandteil des Lebens. Aus meiner Sicht geht es vielmehr darum eine berufliche Identität zu finden für die man sich begeistern kann und gleichzeitig seine persönliche Energie wie bei einer Bergtour zu managen, d.h. zwischendurch immer wieder Ruhephasen einzubauen, in denen man auftanken kann. Also eher Energy-Management statt Work-Life-Balance.
Früher gab es nur eine Karriere, heute sind es 2-3, wo werden wir uns da hinbewegen?
Christian Greiser: Unsere Lebenserwartung steigt immer weiter. Kinder, die heute in den westlichen Ländern geboren werden, haben eine fünfzigprozentige Chance, älter als 100 Jahre zu werden. Dadurch verlängert sich auch das Arbeitsleben. Gleichzeitig verkürzen sich die Jobzyklen. Die Forschung geht davon aus, dass Millennials im Laufe ihres Berufslebens 15 bis 20 Jobs haben werden. In Summe wird das dazu führen, dass man zukünftig mehrere Karrieren macht. 2 bis 3 Karrieren halte ich da eher für die Untergrenze.
Wie sehen Sie die Wirtschaftlichen Gegebenheiten für die nächsten 12-24 Monate?
Wir tendieren ja dazu Entwicklungen kurzfristig zu überschätzen und langfristig zu unterschätzen. Dementsprechend sehen viele Menschen im Moment nur die Krise und können sich eine Erholung der Märkte kaum vorstellen. Wer genau hinschaut, insbesondere auf die Bewertung der Unternehmen, der kann aber erkennen, dass es zurzeit an vielen Stellen zu einer negativen Überreaktion kommt. Das Pendel wird aus meiner Sicht auch wieder zurückschwingen. Ob das in einem oder in zwei Jahren passiert, das weiß ich nicht. Aber dass es wieder bergauf gehen wird, da bin ich mir ziemlich sicher.
Wir haben heute einen signifikanten Fachkräftemangel, wie können Unternehmen dieses Problem lösen?
Christian Greiser: Zum einen müssen Unternehmen neue Quellen erschließen, um Fachkräfte zu finden. Ansatzpunkte können z.B. mehr Frauen in technischen Berufen und mehr qualifizierte ausländische Fachkräfte in Deutschland sein. Zum anderen muss die Ausbildung verbessert werden. Studium und Berufsausbildung müssen viel besser verzahnt werden. Und letztlich müssen die Unternehmen die Mitarbeiterbindung erhöhen, z.B. durch eine integrative Unternehmenskultur. In Zeiten der „Great Resignation“, wo 40 Prozent der Beschäftigten mittelfristig einen Jobwechsel planen, ist vor allem der letzte Punkt wichtig.
Welche 3 Tipps haben Sie für um erfolgreich eine Karriere zu starten?
Erstens: Immer seiner Passion folgen. Wer das macht, was ihn wirklich begeistert, wird auch die entsprechende Energie ausstrahlen und diese Energie steckt an. Zweitens: Niemals abschrecken lassen. Mit meiner mittelmäßigen Abi-Note hätte ich es eigentlich nie in eine der Top-Beratungen schaffen dürfen und hat es doch geklappt, weil ich daran geglaubt habe. Drittens: Wenn sich eine Chance bietet, dann sollte man alles geben, sei es das Bewerbungsgespräch oder die Finanzierungsrunde. In solchen Situationen kann man sich gar nicht genug vorbereiten und muss auch mal bereit sein eine Nacht durchzumachen.
Wo sehen Sie sich in den nächsten fünf Jahren?
Objektiv betrachtet ist mein Coaching Business noch relativ jung. Als Unternehmer habe ich gerade erst angefangen. Mein Plan ist mein Geschäft in den nächsten Jahren zu skalieren und auch ganz neue Coaching Formate auszuprobieren. Für das nächste Jahr plane ich z.B. ein Leadership Retreat in einer sehr inspirierenden Location auf Korfu. Zudem wird es mehr Online-Formate in Form von Webinaren und Trainingsmodulen geben. Im Moment freue ich mich aber erstmal über den Erfolg meines Buches und die unglaublich vielen Coaching Anfragen, die ich zurzeit bekomme.
Wir bedanken uns bei Christian Greiser ür das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder