Kiew/New York, 13. Okt – Die Luftangriffe auf die Ukraine halten unvermindert an. In den letzten 24 Stunden seien mehr als 40 Städte von russischen Raketen getroffen worden, teilte der Generalstab der ukrainischen Armee am Donnerstag mit. Die ukrainische Luftwaffe habe in derselben Zeit 32 Angriffe auf 25 Ziele geflogen. Zu den am stärksten von russischen Truppen angegriffenen Städten gehörte offenbar Mykolajiw. Die Hafenstadt im Süden des Landes sei massiv bombardiert worden, teilte Bürgermeister Olexandr Senkewitsch in sozialen Medien mit. Die beiden obersten Stockwerke eines fünfstöckigen Wohnhauses seien völlig zerstört worden. Laut ukrainischer Staatsanwaltschaft kamen drei Menschen ums Leben.
Auch in der Region um die Hauptstadt Kiew gab es russische Angriffe. Dort seien am frühen Donnerstagmorgen mit Sprengköpfen ausgestattete Drohnen eingesetzt worden, schrieb Gouverneur Olexij Kuleba auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. Ersten Erkenntnissen zufolge handele es sich um sogenannte Kamikaze-Drohnen iranischer Bauart. Der Iran dementiert, Russland die Drohnen geliefert zu haben. Russland äußerte sich nicht dazu. Informationen zu den Kriegsverläufen lassen sich zum Teil nicht unabhängig überprüfen.
Zu den getroffenen Zielen gehöre auch kritische Infrastruktur wie Gaspipelines und Stromleitungen, hieß es aus dem Büro des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Die Stromversorgung ist nach offiziellen Angaben weitgehend wieder hergestellt. Ukrainer sollten jedoch Energie sparen, da weitere Angriffe auf Energieanlagen möglich seien.
LUFTABWEHRSYSTEM FÜR DIE UKRAINE
Russland hatte seine Angriffe auf die Ukraine in dieser Woche verstärkt. Eigenen Angaben zufolge ist das die Antwort auf die Detonation auf der für Russland für den Nachschub wichtigen Krim-Brücke am Samstag. Russland macht den ukrainischen Geheimdienst dafür verantwortlich. Die Regierung in Kiew äußerte sich bislang nicht offiziell dazu. Nachdem die Ukraine im Rahmen ihrer Gegenoffensive seit September Boden gutgemacht hat, sah sich Russland dazu veranlasst, den Konflikt zu intensivieren. Es gab eine Teilmobilmachung sowie die Annexion der ukrainischen Gebiete Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk bekannt und drohte wiederholt mit dem Einsatz von Atomwaffen.
Um die Ukraine zu unterstützen, planen europäische Nato-Staaten die Beschaffung eines Luftabwehrsystems. Deutschland und 13 andere Länder unterzeichneten eine entsprechende Absichtserklärung. „Wir leben in bedrohlichen und gefährlichen Zeiten“, sagte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht. Selenskyj zufolge reicht das Kontingent der Ukraine bei der Luftabwehr bei weitem nicht aus. Sein Land habe lediglich zehn Prozent des Bedarfs, sagte er vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates.
In Russland stoßen die Hilfsangebote der Nato-Staaten auf Unmut. Dadurch würden die USA und die Nato direkt Teil des Konflikts, wiederholte der Vize-Sekretär des Sicherheitsrats der Russischen Föderation, Alexander Wenediktow, die russische Haltung in einem Interview der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Sollte die Ukraine gar in das Militärbündnis aufgenommen werden, könnte das in einen Dritten Weltkrieg münden. Kiew sei sich dieser Eskalation bewusst. Russland war am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert. Es bezeichnet die Invasion als militärischen Sondereinsatz zur Entmilitarisierung des Nachbarlandes. Das Streben der Ukraine nach einer Nato-Mitgliedschaft gefährde die Sicherheit Russlands. Unmittelbar nach der Annexion der vier Regionen Ende September stellte die Ukraine einen Antrag zur beschleunigten Aufnahme in die Nato.
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen verurteilte die Annexionen am Mittwochabend mit großer Mehrheit und forderte die Länder auf, den Schritt nicht anzuerkennen. Russland solle den Anschluss der Regionen an sein Gebiet rückgängig machen. 143 der 193 Länder umfassenden Versammlung stimmten für die Resolution, die auch die Souveränität, Unabhängigkeit sowie territoriale Integrität der Ukraine bekräftigt. Dagegen votierten Russland, Syrien, Nicaragua, Nordkorea und Belarus. China – strategischer Partner Russlands – enthielt sich wie insgesamt 35 Länder der Stimme. Die Übrigen stimmten nicht ab. Völkerrechtlich ist der Beschluss nicht bindend, verdeutlicht aber die internationale Isolation Russlands. Russlands Außenminister Sergej Lawrow erklärte, die Resolution sei durch „diplomatischen Terror“ entstanden und richte sich gegen sein Land.
TREFFEN VON PUTIN UND ERDOGAN
Um Vermittlung zwischen Russland und der Ukraine bemüht sich die Türkei, die zu beiden Ländern Beziehungen pflegt. Der russische Präsident Wladimir Putin und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan trafen sich am Rande eines Sicherheitsgipfels in der kasachischen Hauptstadt Astana zu einem Zweiergespräch. Der Ukraine-Konflikt sei dabei aber kein Thema gewesen, zitierte die russische Nachrichtenagentur RIA den Sprecher des Präsidialamtes, Dmitri Peskow. Putin schlug Erdogan jedoch vor, in der Türkei ein Verteilzentrum für Gaslieferungen nach Europa aufzubauen. Der Weg über die Türkei sei der zuverlässigste für Gaslieferungen nach Europa.
Angriffe auf Ukraine – UN verurteilen russische Annexionen
Quelle: Reuters
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