Frankfurt, 12. Sep – Erfolge des ukrainischen Militärs lassen Anleger auf eine Wende im Ukraine-Krieg spekulieren. Der Dax sprang zum Wochenstart um 2,4 Prozent auf 13.402 Punkte nach oben; der EuroStoxx50 zog 2,2 Prozent auf 3648 Zähler an. Auch an der Wall Street griffen die Anleger zu. „Die Situation zwischen Russland und der Ukraine gibt dem Markt einen kleinen Hoffnungsschimmer, dass es eine Lösung geben könnte, die die Intensität des Energieschocks etwas abschwächt“, sagte Portfoliomanager Hani Redha vom Vermögensverwalter PineBridge.
Dies sorgte am Energiemarkt für etwas Entspannung. Der europäische Erdgas-Future verbilligte sich um fast sieben Prozent auf 189 Euro je Megawattstunde. Damit ist der Gaspreis seit dem im vergangenen Monat erreichten Rekordwert infolge des Abdrehens der russischen Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 um fast 45 Prozent gesunken. Auch der Strompreis gab nach. Eine Megawattstunde zur Lieferung in einem Jahr verbilligte sich in Deutschland um rund acht Prozent auf 479 Euro.
EURO IM AUFWIND
Die Erfolge bei der Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte ließen Investoren beim Euro zugreifen. Die Gemeinschaftswährung stieg um bis zu 1,6 Prozent auf 1,0197 Dollar, so stark wie zuletzt vor einem halben Jahr.
Die Ukraine meldete Erfolge im Großraum Charkiw im Nordosten des Landes sowie im Süden. Binnen 24 Stunden seien mehr als 20 russisch-besetzte Ortschaften im Nordosten zurückerobert worden, teilte der Generalstab am Montag mit. Die Soldaten seien dabei, die Städte und Dörfer vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen. Das britische Verteidigungsministerium erklärte, die schnellen Erfolge der ukrainischen Streitkräfte hätten erhebliche Auswirkungen auf die gesamten operativen Pläne Russlands.
„Die sich erstmals seit Kriegsbeginn deutlich verstärkende Hoffnung auf einen ukrainischen Gesamterfolg in diesem Konflikt darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine nächste Eskalationsstufe weiterhin jederzeit möglich ist“, sagte Konstantin Oldenburger, Analyst beim Brokerhaus CMC Markets.
INFLATIONSDATEN ERNEUT IM FOKUS
Der Euro profitierte zudem von der Aussicht auf eine Serie kräftiger Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB). Insidern zufolge diskutieren die Währungshüter über einen Schlüsselsatz von zwei oder mehr Prozent. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel machte sich ebenfalls für eine straffere Geldpolitik stark. „Aber was Nagel will und was die EZB erreichen kann, sind zwei Paar Schuhe“, gab Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade zu bedenken. Schließlich müsse diese auch die Finanzierungskosten für das hoch verschuldete Euro-Mitglied Italien im Blick behalten.
Die Zinseröhungsspekulationen gaben insbesondere den Finanzwerten Auftrieb. Ihnen winken bei steigenden Zinsen höhere Gewinne aus dem klassischen Kreditgeschäft. Der Index für die Banken der Euro-Zone stieg um mehr als drei Prozent. Zu den Favoriten gehörten Commerzbank und Deutsche Bank mit Kursgewinnen von ebenfalls mehr als drei Prozent.
Da auch jenseits des Atlantik Inflation und Geldpolitik die bestimmenden Themen sind, richteten Börsianer ihre Aufmerksamkeit zunehmend auf die am Dienstag anstehenden Daten zur Teuerung in den USA. Experten erwarten einen Rückgang auf 8,1 von 8,5 Prozent im Vorjahresvergleich. „Alles, was den rückläufigen Trend bestätigt, dürften die Börsen positiv aufnehmen“, sagte Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. Zeige die Entwicklung der US-Erzeugerpreise, die am Mittwoch veröffentlicht würden, in die gleiche Richtung, stehe einer Fortsetzung der Aktienkurs-Erholung bis zum Freitag nichts im Weg.
Bei den Einzelwerten drückte eine Gewinnwarnung die Aktien von Electrolux an der Börse in Stockholm in der Spitze um rund sieben Prozent. Der schwedische Konzern kündigte Kostensenkungen an, um auf die sinkende Nachfrage nach Haushaltsgeräten angesichts der hohen Inflation zu reagieren. Im Handelsverlauf drehten die Titel leicht ins Plus.
Anleger in Europa schöpfen Hoffnung in Energiekrise
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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