Wien, 08. Sep – Österreichs führendes Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) kann einer von der Bundesregierung derzeit diskutierten Steuer auf Zufallsgewinne bei Energieunternehmen nur wenig abgewinnen. Aus standortpolitischer Sicht sei die Einführung einer solchen Steuer problematisch, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie. Begründet wurde das damit, dass nur ein geringer Anteil der Gewinne an private Investoren fließen würde. Bei vollkommen im Eigentum der Bundesländer stehenden Energiefirmen bliebe sogar der gesamte Zufallsgewinn bei der öffentlichen Hand.
In Österreich habe der Staat in der Energiewirtschaft traditionell eine starke Position, erklärte das Wifo. Am größten Stromkonzern des Landes, dem VerbundVERB.VI, hält der Bund 51 Prozent. Per Verfassung muss die Mehrheit des Aktienkapitals beim Verbund sowie den neun Landesversorgern im Eigentum der öffentlichen Hand stehen. Insgesamt steht der Verbund zu fast 78 Prozent in öffentlichem Eigentum. Dazu kommt, dass die Steuern auf ausgeschüttete Gewinne ebenfalls an den Staat gehen.
Bei einem (fiktiven) Zufallsgewinn von 100 Euro beim Verbund würden rund 88 Euro dem Staat zufließen. Private Investoren würden nur etwas über zwölf Euro erhalten, rechnet das Wifo in der Studie. Ähnlich wäre es beim Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV, an dem die Staatsholding ÖBAG 31,5 Prozent hält. Hier würde der Staat knapp unter 63 Euro erhalten, Private knapp über 37.
„Der vergleichsweise geringe Anteil, der von Zufallsgewinnen an österreichischen Unternehmen den privaten Investoren verbleibt, rechtfertigt die Einführung einer Zufallsgewinnsteuer in Österreich nicht“, heißt es im Fazit der Studie. Sinnvoller ist nach Ansicht des Wifo eine Stromkostenbremse, die am Vortag von der Regierung zur Entlastung der Haushalte beschlossen wurde. Diese sei viel spezifischer auf das akute Problem der hohen Strompreise zugeschnitten. Damit könne die Politik glaubwürdiger vermitteln, dass es sich tatsächlich um eine einmalige Krisenmaßnahme und nicht um einen Präzedenzfall für künftige Gewinnabschöpfungen handelt, so das Institut.
Neben der direkten Effekte seien auch negative indirekte Auswirkungen einer solchen Sondersteuer zu berücksichtigen, hieß es. Bei der OMV habe die langjährige Zusammenarbeit der ÖBAG mit dem wichtigsten privaten Investor dazu beigetragen, dass sich das Unternehmen als eigenständiger Konzern mit Sitz in Wien behaupten konnte. „Mit einer arbiträren Steuerpolitik könnte dies aufs Spiel gesetzt werden, weshalb schwer abwägbare Risiken hinzukämen“, so das Institut. Syndiktspartner der ÖBAG bei der OMV ist Mubadala, der Staatsfonds der Vereinigten Arabischen Emiraten. Der Investor hält 24,9 Prozent an dem Ölkonzern.
Wifo – Steuer auf Zufallsgewinne wäre in Österreich problematisch
Quelle: Reuters
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