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Fed & Co. im Zielkonflikt – Zinsen rauf, aber bitte keine Rezession

Berlin/Frankfurt, 24. Aug – Die Inflation schleunigst unter Kontrolle bringen, ohne die Wirtschaft gänzlich abzuwürgen: Die Notenbanken weltweit stecken in einem Dilemma. Umso genauer werden die Aussagen beim diesjährigen Economic Symposium in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming beobachtet werden. Fast alle großen Zentralbanken erhöhen kräftig die Zinsen, um die Inflation in Schach zu halten. Zugleich geht an den Finanzmärkten die Furcht um, dass dabei die Konjunktur unter die Räder kommt.

Ob die US-Notenbank Federal Reserve diesen Zielkonflikt meistern wird, ist eine offene Frage. Antworten darauf erhoffen sich Investoren von Fed-Präsident Jerome Powell, der am Freitag am zweiten Tag der von der Federal Reserve Bank of Kansas City seit 1978 ausgerichteten Konferenz sprechen wird. Dabei dürfte er laut Experten Erwartungen dämpfen, dass die Fed bereits im nächsten Jahr ihren Kurs ändern und auf Zinssenkungen umschwenken wird. „Powell wird wahrscheinlich versuchen, einen Akzent auf ein langsameres Tempo bei den Zinserhöhungen zu legen, zugleich aber auch auf eine längere Phase eines restriktiven Zins-Niveaus“, so Ökonom Jack Janasiewicz von Natixis Investment Managers Solutions.

Auf einem restriktiven Zinsniveau wird die Konjunktur gebremst. Wenn die Nachfrage dabei abkühlt, wird in der Regel auch der Preisauftrieb gedämpft – das erklärte Ziel der Notenbank, die mit einer ausufernden Inflation von zuletzt 8,5 Prozent konfrontiert ist. Powell hat zuletzt Leitzinsen von 3,0 bis 3,5 Prozent bis Jahresende als anzustrebendes „moderat restriktives Niveau“ bezeichnet – derzeit liegt dieser Zinssatz bei 2,25 bis 2,50 Prozent.

Volkswirte rechnen derzeit mit einer Zinserhöhung der Fed um einen halben Prozentpunkt am 21. September. Händler halten auch mehr für möglich. An den Finanzmärkten hatte zuletzt die Furcht vor höheren Zinsen für Verluste gesorgt – groß ist die Sorge, dass es die Fed mit ihren Zinserhöhungen überziehen könnte. „Vor allem erwarten die Anleger Antworten auf die Frage, welche Fortschritte es bei der Bekämpfung der Inflation gibt“, sagte Marktstratege Christian Henke vom Handelshaus IG. 

Schon jetzt sind die USA in eine technische Rezession gerutscht – also zwei Quartale mit schrumpfender Wirtschaftsleistung in Folge. Einer Umfrage des Finanzdienstleisters S&P Global zufolge hat sich die Talfahrt im August beschleunigt. Ob der Fed das Kunststück gelingen kann, den Preis des Geldes hochzutreiben ohne den Konjunkturmotor abzuwürgen, bleibt offen: „Meine Antwort darauf lautet, ich weiß es nicht“, räumt der Chef des Fed-Bezirks Minneapolis, Neel Kashkari, ein. Doch klar sei, dass die Inflation schleunigst nach unten gebracht werden müsse.

„EZB GEFANGEN ZWISCHEN ZWEI RISIKEN“

Diesem Ziel hat sich auch die Europäische Zentralbank (EZB) verschrieben. Angetrieben durch hohe Energie- und Lebensmittelpreise infolge des Ukraine-Kriegs erreichte die Teuerung im Juli den Rekordwert von 8,9 Prozent- die Zielmarke der EZB liegt dagegen bei gerade einmal knapp unter zwei Prozent. Die EZB hat die Zinswende im vorigen Monat mit einer überraschend kräftigen Anhebung um einen halben Punkt auf 0,50 Prozent eingeleitet. 

Die nächste Sitzung des EZB-Rats findet bereits am 8. September statt. Investoren rechnen damit, dass ein zweiter kräftiger Zinsschritt ansteht. Im Fokus steht daher auch der Auftritt von EZB-Direktorin Isabel Schnabel in einer Diskussionsrunde der Konferenz, die sich dieses Jahr einer „Neubewertung der Zwänge für Wirtschaft und Geldpolitik“ widmet. Schnabelsignalisierte jüngst, dass die Zinsen trotz Rezessionsgefahren bald weiter kräftig steigen könnten. 

Ihr italienischer Kollege Fabio Panetta fordert jedoch mit Blick auf die Konjunktur-Risiken einen umsichtigen Zinskurs. „Die Wirtschaft im Euroraum steht vor einer Rezession“, warnt Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. Russland liefere nur noch wenig Gas, die hohe Inflation reiße tiefe Löcher in die Kassen der privaten Haushalte und die Unternehmen seien verunsichert, so die Analyse des Experten.

„Die EZB ist gefangen zwischen zwei Risiken – die Kontrolle über die Inflationserwartungen zu verlieren und einer noch stärkeren Abschwächung der Wirtschaft“, meint DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Andere Notenbanken wie die Fed seien in einer ganz anderen Situation. „Im Euro-Raum sind 70 Prozent der Inflation importiert, in den USA dagegen 70 Prozent hausgemacht durch starken Konsum und viele Investitionen.“ Gegen eine importierte Inflation könne die EZB aber wenig ausrichten. „Sie muss aber ihre Glaubwürdigkeit schützen und das Vertrauen in ihr Inflationsziel verankern.

Fed & Co. im Zielkonflikt – Zinsen rauf, aber bitte keine Rezession

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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