Wien, 01. Aug (Reuters) – Österreichs größte Bank Erste Group stellt sich zwar für das zweite Halbjahr auf eine verhaltenere Entwicklung ein, hält aber an ihrem Gewinnziel fest. „Wir haben ein sehr starkes erstes Halbjahr hinter uns und gehen durchaus optimistisch in das zweite Halbjahr, obwohl sich hier eine gewisse Eintrübung nicht verleugnen lässt“, sagte Bankchef Willi Cernko am Montag. Für 2022 werde jedenfalls weiterhin eine Verbesserung des operativen Ergebnisses gesehen. Allerdings gelte das nur unter der Annahme, dass weiterhin Gas von Russland nach Europa fließt.
In den ersten sechs Monaten profitierte das Institut von einer höheren Kreditnachfrage und niedrigeren Vorsorgen für faule Kredite. Das Betriebsergebnis stieg um 10,3 Prozent auf 1,86 Milliarden Euro. Im Vorjahr lag der operative Gewinn bei 3,44 Milliarden Euro. Die Aktionäre sollen für 2022 eine höhere Dividende von 1,90 (1,60) Euro je Aktie erhalten.
„Wir leben zweifelsohne in einem sehr dynamischen, sehr schwierigen, sehr heraufordernden Umfeld“, sagte Cernko. Der frühere Chef der zur UniCredit gehörenden Bank Austria hatte im Juli das Ruder übernommen, nachdem sich Bernhard Spalt wegen unterschiedlicher Auffassungen über die zukünftige Ausrichtung überraschend zurückgezogen hatte.
Im ersten Halbjahr lief es für die Bank besser als erwartet. Unter dem Strich kletterte der Gewinn auf 1,14 Milliarden von zuvor 918 Millionen Euro. Die Erwartungen der Analysten wurden übertroffen. „Wenn man sich mit den Nachrichten auseinandersetzt am Abend und tagsüber die vielen Gespräche mit unseren Kunden in Erinnerung ruft, dann ist das schon ein Stück weit eine Welt, die nur ganz schwer zusammenpasst“, sagte Cernko. Im täglichen Leben würden sich positivere Beobachtungen zeigen, als es die Nachrichten rund um den Ukraine-Krieges vermuten lassen würden. Als Krisengewinner will der Bankchef das Geldhaus aber nicht bezeichnen. Risikochefin Alexandra Habeler-Drabek verwies auf die gute Qualität des Kreditportfolios. „Wir sehen die ersten Auswirkungen des Krieges, aber wenig Ausfälle und wenig Ratingverschlechterungen im Portfolio“, sagte sie. Von den wegen der Covid-Krise gebildeten Vorsorgen von 630 Millionen Euro habe die Bank noch immer 500 Millionen Euro für Kreditausfälle auf die Seite gelegt. Der Anteil der faulen Kredite (NPL-Quote) sollte bei unter drei Prozent bleiben. Per Ende des ersten Halbjahres lag die Quote auf einem historisch niedrigen Niveau von 2,2 Prozent.
ERSTE GROUP HEBT PROGNOSE FÜR KREDITWACHSTUM AN
Trotz zahlreicher Unsicherheiten wegen dem Ukraine-Krieg rechnet die Bank nun im Gesamtjahr mit einem Kreditwachstum im hohen einstelligen Prozentbereich. Bisher war das Management von einem Wachstum im mittleren einstelligen Bereich ausgegangen. Die Eigenkapitalverzinsung (ROTE) werde weiterhin im zweistelligen Bereich gesehen, die harte Kernkapitalquote (CET1) sollte über 14 Prozent bleiben. Per Ende des ersten Halbjahres lag sie bei 14,2 Prozent. Die Erste Group stellte die Prognosen unter die Annahme, dass zumindest im laufenden Jahr ausreichend russische Gasimporte in die Kernmärkte flössen. Sollte jedoch kein Gas mehr fließen, wäre das nach Worten der Risikochefin eine ernste Situation, die für viele Länder eine Rezession bedeuten würde. In Summe wäre es aber für die Region beherrschbar, so die Bank in einer Stress-Szenario-Einschätzung.
Da die Teuerung und die steigenden Immobilienpreise für die Menschen zunehmend problematisch würden, will sich die Bank auf erschwingliches Wohnen fokussieren. Bis 2030 sollen zusammen mit dem öffentlichen Sektor bis zu 15.000 Wohnungen finanziert werden. „Das ist für uns nicht nur eine Marketing-Aussage, wir wollen unsere Kunden beim Aufbau und Erhalt von finanzieller Gesundheit unterstützen“, so Cernko. So wolle die Bank in die Finanzbildung investieren und präventiv beraten.
Erste Group sieht leichte Eintrübung – bekräftigt Ausblick
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