Genf/Berlin, 12. Jun (Reuters) – Die Chefin der Welthandelsorganisation (WTO) strebt bei der Ministerkonferenz in den nächsten Tagen konkrete Vereinbarungen an. Ngozi Okonjo-Iweala sagte am Sonntag vor Beginn der Beratungen in Genf, ein oder zwei globale Deals seien womöglich drin. Sie sei vorsichtig optimistisch. „Der Weg wird aber holprig und steinig.“ Die Welt habe sich seit der letzten vergleichbaren Tagung vor fast fünf Jahren verändert.
„Es ist sicherlich komplexer geworden.“ Die aus Nigeria stammende WTO-Chefin verwies auf die Coronavirus-Pandemie, den russischen Angriff auf die Ukraine sowie die hohen Lebensmittel- und Energiepreise. Okonjo-Iweala forderte die Teilnehmer auf, alles dafür zu tun, um Lösungen zu finden. Als Ziele nannte sie, Fischerei-Subventionen zu kürzen, den Zugang zu Covid-Impfstoffen zu verbessern und die WTO selbst zu reformieren.
Dies forderte auch die deutsche Industrie. Zwei Drittel der außereuropäischen Exporte beruhten auf Regeln der WTO, so der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Volker Treier. Dies gelte etwa für Geschäfte mit den USA, China und Brasilien. „Die WTO-Regeln, die seit den 90er Jahren gelten, erodieren aber zunehmend und halten mit den technologischen und weltwirtschaftlichen Veränderungen nicht Schritt.“ Es brauche einheitliche Regeln und eine Wiederbelebung der Streitschlichtung. Eine Reformagenda der 164 Mitglieder wäre daher ein großer Erfolg.
Die Welthandelsorganisation steckt in der größten Krise seit ihrer Gründung 1995. Denn zunehmend drücken globale Spannungen und ein stärker um sich greifender Protektionismus auf den Welthandel. Dazu kommt der Konflikt mit den USA über die Ernennung neuer Richter für das Schiedsgericht der WTO, das über internationale Streitigkeiten entscheidet. Das Gremium ist deshalb handlungsunfähig.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nimmt nicht an der Tagung teil, die bis Mittwoch angesetzt ist. Sein Staatssekretär Udo Philipp leitet die deutsche Delegation. „Globaler Handel braucht globale Regeln“, sagte er im Vorfeld. Die WTO müsse besser werden, gerade bei der Schlichtung von Konflikten. Angestrebt werde auch ein Abschluss der Verhandlungen über ein Abkommen zur Begrenzung schädlicher Fischereisubventionen. Denn trotz der Überfischung zahlreicher Meere trieben staatliche Subventionen die Überfischung weiter voran. Die zwölfte Ministerkonferenz – das höchste Gremium der WTO – finde aber in einem schwierigem Umfeld statt.
WTO-Gipfel soll Durchbruch bringen – Deutsche Industrie hofft auf Reform
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.