Von Prof. Dr. Anabel Ternès von Hattburg
Ich stehe in einem Konferenzraum des Baur au Lac in Zürich, eingeladen vom Gütermann Family Office, Angela und Thomas Gütermann. Im Publikum: hochkarätige bekannte Namen, Ingenieur:innen, Investor:innen, Vertreter:innen aus Forschung und Politik. Auf der Leinwand neben dem CEO und Co-Gründer Dr. Christian Schmierer erscheint das Logo von HyImpulse, das Versprechen: „Space, Within Your Reach.” Es ist ambitioniert. Es verspricht, die üblichen Eintrittsbarrieren zum Orbit zu senken – Kosten, Sicherheit, Umweltbelastung.
1. Der Ausgangspunkt
HyImpulse entstand als Spin-Off des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt DLR, eine Studentengruppe, die am Standort Lampoldshausenan einem neuen Raketenantrieb mit Paraffin arbeitete. Der Fokus: Hybridraketentriebwerke mit ParaffinBrennstoff und flüssigem Sauerstoff (LOX). Paraffin, so argumentieren die Entwickler biete Vorteile gegenüber Kerosin: sicherer zu lagern und zu handhaben, effizienter, mit geringerem Umwelteinfluss und genauso effizient wie Kerosin.Letztlich entwickeltendie vier Raketeningenieure einen neuartigen Antrieb, der es ermöglicht, Nutzlasten ebenso effizient wie mit Kerosin, aber sicherer, umweltfreundlicher und viel kostengünstiger ins All zu transportieren. Ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal. Der Hybridantrieb ist hervorragend geeignet für den Microlauncher Markt, wo wertvolle, zielgenaue aber auch zeitkritische Nutzlasten auf den Weg in ihren exakten Orbit gebracht werden müssen.

2. Produkte & Technik
HyImpulse arbeitet im Wesentlichen mit zwei Fahrzeugtypen:
Ausgehend als Grundlage für die SR75 und die SL1 der Hybridantrieb der Rakete – eben die Innovation im Kern, die dann in beiden Raktetentypen verbaut ist/wird:
• SR75 – eine einstufige Höhen/SoundingRocket (suborbital), die bis zu 250 kg Nutzlast in eine Höhe von ca. 200250 km bringen soll. Sie dient zugleich als TechnologieDemonstrator für das größere Vorhaben. An Bord: der HyPLOx75 Motor, mit etwa 75 kN Schub.
• SL1 (Small Launcher 1) – der orbitaler Launcher mit drei Stufen, der Satelliten mit bis zu ca. 600 kg in einen Low Earth Orbit (LEO) bringen soll. Das neue Design bringt laut Unternehmensangaben eine Leistungssteigerung gegenüber früheren Versionen.
3. Das Versprechen und seine Spannung
Während der Präsentation wird klar: Es handelt sich um mehr als Technik. Es geht um Marktchancen, Umweltverantwortung und Timing.
HyImpulse schlägt vor, das Warten auf Starts zu beenden. Für Kleinsatellitenbetreiber, Universitäten und Forschungseinrichtungen sind die üblichen Startfenster oft Monate entfernt, und Kosten hoch. HyImpulse verspricht häufigere Flüge, kostengünstigere Nutzlasttransporte und ein hohes Maß an Flexibilität.
Parallel dazu: Umweltgesichtspunkte. Der Einsatz von Paraffin und LOX statt Kerosin bedeutet niedrigere Emissionen, sicherere Lagerung, weniger Risiko bei Handling. In Tests wurden bereits MotorenSerien erfolgreich betrieben, der HyPLOx75 Raketenantrieb wurde qualifiziert.
4. Risiken, offene Fragen
Aber: Jede Innovation hat ihren Preis.
• Regulatorik & Lizenzen – Zum Beispiel ist ein geplanter Startort in Schottland, das SaxaVord Spaceport, im Gespräch. Erste kommerzielle also bezahlte suborbitale Starts der SR75 sollen dort möglich sein. Doch Genehmigungen, Zulassungen und Umweltauflagen sind komplex
• Technische Zuverlässigkeit – Hybridantrieb mit Paraffin hat historische Herausforderungen: ungleichmäßiges Abbrennen, Vibrationsprobleme. HyImpulse hat in den letzten 7 Jahrenbeweisen, dass diese Risiken beherrschbar sind.
• Kosten & Wettbewerb – Andere Unternehmen in Europa und weltweit arbeiten ebenfalls daran, günstiger ins All zu kommen. Nur wer Skalierung und konstante Starts liefern kann, wird dauerhaft bestehen. HyImpulse allerdings überzeugt in seinem Marksegment mit einem Kostenvorteil durch den Hybridantrieb, den keiner ihrer Konkurrenten weder durch Skalierung noch durch Kostensenkung heben kann.
• Zeitplan – Der erste orbitaler SL1 Start ist noch in der Entwicklung. Ambitionen sind hoch, aber der Weg dorthin erfordert erfolgreiche Tests, Finanzierung und robuste Partnerschaften. Laut Quellen wird der Erstflug der SL1 nicht vor 2027erwartet. Der kommerzielle SL1 Start mit 600kg Nutzlast der Rakete steht an für Juni 2027.
5. Der Moment der Wahrheit
Ich beobachte Gesichter im Raum, wenn Zahlen genannt werden: 600 kg Nutzlast, 75 kN Schub, 200 km Höhe, Preis pro Start. Einige skeptisch, viele interessiert. HyImpulse legt kein Märchen vor, sondern Daten, Roadmaps, Testphasen. Die SR75 ist in 2024 mit einem Testflug schon erfolgreich gestartet. Mit dieser S75, die für DUAL USE Zwecke sehr geeignet ist, erfolgen bereits kommerzielle Start für das Militär (Erdbeobachtung) und Forschung in 2025.
6. Nachhaltigkeit & Bedeutung
HyImpulse könnte Teil eines Umdenkens sein: Raumfahrt nicht nur als Prestige oder wissenschaftliches Abenteuer, sondern als Dienstleistung mit Verantwortung. Geringere Emissionen, sicherere Treibstoffe, häufigere Starts – das sind Faktoren, die nicht nur Marktanteile bringen, sondern Legitimität.
7. Fazit
Die Vision ist klar, die Technologie vielversprechend, das Marktumfeld günstig. Doch zwischen heute und einem regelmäßig fliegenden SL1 liegen noch ein paar Herausforderungen: Tests, Genehmigungen, Skalierung, Wettbewerb und Investoren, darunter bestenfalls strategische Investoren, die das Unternehmen mit Netzwerk, Geld und strategischem Input hebeln können.
Ich verlasse den Raum mit dem Eindruck: HyImpulse ist nicht bloß ein weiteres Raumfahrt-Startup, sondern ein Kandidat, der Europas Zugang zum Orbit neu definieren könnte – schneller, sauberer, zugänglicher.
Titelfoto: Dr. Christian Schmierer, CEO und Co-Gründer HyImpulse, Thomas Gütermann, Gütermann Family Office und Prof. Dr. Anabel Ternès von Hattburg, Foto: Gütermann Family Office


















