Schief gewickelt war gestern Ein Freiburger Startup entwickelt Wickeltische für den öffentlichen Raum
Mit den ersten Frühlingsboten tummeln sich auch junge Familien wieder draußen auf den Spielplätzen und Parks der Städte und Gemeinden. Irgendwann stellt sich für viele Eltern oder Großeltern die Frage: Wo kann ich mein Kind wickeln? Die unattraktiven Optionen: Parkbank oder Boden. Das Wickelboard ist eine willkommene Alternative.
Niklas Schäfer und Holger Bauer sind die Erfinder des Wickelboards, einem feststehenden Wickeltisch im öffentlichen Raum, der das geschützte, saubere und bequeme Wickeln von Säuglingen und Kleinkindern möglich macht. Das erste Wickelboard wurde vergangenen Sommer auf dem großen Spielplatz im Freiburger Mundenhof aufgestellt. Fast zeitgleich drehte der MDR eine Geschichte über das junge Social Startup. Seither hat sich viel getan.
Mit ihrer noch jungen Wickelboard-Idee haben die beiden studierten Sozialarbeiter im Frühjahr 2022 am Sozialstarter-Programm des Social Innovation Lab teilgenommen; ein kostenfreies Innovationsprogramm, das seit 2020 für Social Startups angeboten und über Fördermittel der Deutschen Postcode Lotterie und der Heidehof Stiftung finanziert wird.
Beim Sozialstarter werden die Teilnehmer*innen in mehreren themenspezifischen Modulen dabei unterstützt, mit ihrer sozialen Idee für eine benachteiligte Zielgruppe durchzustarten. Dabei konnte das Social Innovation Lab Freiburg bereits einige erfolgreiche Projekte begleiten und hervorbringen: BikeBridge e.V., Bildung für alle e.V. oder auch beneFit e.V.
„Wir haben uns und unsere Idee in kurzer Zeit fokussieren können, was uns ohne das Sozialstarter-Programm sicherlich nicht gelungen wäre“, sagt der gelernte Erzieher Niklas Schäfer. Auch über das Angebot hinaus wurden er und sein Geschäftspartner vom Social Innovation Lab unterstützt. „Zum Beispiel bei unserer Crowdfunding-Kampagne.“, sagt Holger Bauer. „Hier hat man uns die Startnext-Plattform ans Herz gelegt und uns unter anderem ermutigt, ein Video zu drehen, um uns und unsere Idee dort besser zu präsentieren.“ Diese Entscheidungen waren goldrichtig.
Nach wenigen Wochen hatten Bauer und Schäfer die 4.000 Euro für den Bau ihres ersten Wickelboards zusammen. Auch der MDR wurde durch die Kampagne auf das junge Startup aufmerksam. Mitte Juni 2023 wurde es stressig: „Wir mussten den Aufbau auf dem Mundenhof hinbekommen und der MDR hatte uns Druck gemacht, einen Sendetermin noch vor der Sommerpause zu realisieren“, sagt Niklas Schäfer. Aufbau, Abnahme und Dreh passierten in nur einer Woche.
Kurz nach dem Sendetermin hatten die beiden jungen Social Entrepreneurs rund 70 Wickelboard-Anfragen aus ganz Deutschland in ihrem Postfach. Anfang Februar wurde das erste nach Mönchengladbach verschickt. „Das waren viele neue Schritte für uns: Wie verpacken wir das? Wie verschicken wir es?“, erinnert sich Holger Bauer. In vier montierbaren Einzelteilen ging das fast 200 Kilogramm schwere Paket per Spedition nach Nordrhein-Westphalen.
Ein schnelles Learning für die beiden Jungunternehmer: „Der Verkaufspreis war für viele Interessent*innen zu hoch, so dass wir reagieren mussten.“ Also entwickelten die beiden eine zweite, kostengünstigere Variante ihres Wickelboards – insgesamt eckiger; statt Edelstahl wird feuerverzinkter Stahl verwendet und für die Wickelfläche Douglasien-Holz statt Robinie. Auch das günstigere Wickelboard hat eine Lebenserwartung von rund 10 Jahren, versichern die Erfinder.
„Jetzt können wir sowohl den kleinen Verein als auch die Großstadt, die finanziell mehr Möglichkeit hat, bedienen“, sagt Niklas Schäfer. Das erste Wickelboard in der zweiten Variante wird bald an einem Mehrgenerationenplatz in Wesseling (NRW) stehen.
Entwicklung macht den Meister
Mit Hilfe eines QR-Codes am allerersten Wickelboard im Mundenhof konnten die Nutzer*innen über zwei Monate das Produkt bewerten. Knapp 40 Rückmeldungen gingen ein, insgesamt gab es die Umfragenote 1,1 fürs Wickelboard. „Es war vor allem viel Dankbarkeit, die wir erfahren haben und der Wunsch, weitere Wickelboards gerne noch an anderen öffentlichen Stellen in der Stadt zu sehen“, sagt Niklas Schäfer. „Das hat uns motiviert und uns gezeigt, dass wir etwas richtig machen.“
Aktuell befinden sich einige Interessent*innen noch in Entscheidungsprozessen, doch schon bald könnten „Wickelboards made in Schwarzwald“ in Hamburg und Potsdam stehen. Auch Anfragen aus Österreich und Bayern liegen im Postfach der Wickelboard-Boys. Mehr Aufträge aus Baden-Württemberg wünschen sich Niklas Schäfer und Holger Bauer.
„Es ist schön, dass unser Wickelboard für die Nutzer*innen kostenlos zur Verfügung gemacht wird. Wir freuen uns, wenn die Städte dahingehend ihre öffentlichen Räume Kinder- und Familienfreundlicher gestalten – vielleicht auch bald vermehrt in Freiburg“, sagt Niklas Schäfer.
Quelle Social Innovation Lab/ Wickelboard/ChildHood Design UG